‚Ich wusste gar nicht, dass ich sooo verspannt bin…‘ ist der häufigste Satz, den ich von Ihnen höre, sobald Sie auf meiner Liege liegen und wir mit der der Körperarbeit, mit einer sanften Massage angefangen haben. Erst dann wird Ihnen oft bewusst, wie es ihrem Körper wirklich geht. Sie fangen langsam an zu registrieren, wieviel Stress im Körper sitzt und wie angespannt jeder einzelne Muskel ist, oft schon über eine lange Zeit, meist chronisch.

Für mich ist die Berührung des Körpers eines Patienten oft aussagekräftiger als unser Vorgespräch. Durch den Körperkontakt kann ich wahrnehmen, wie es Ihnen wirklich geht. Mein Körper reagiert emphatisch, d.h. ich erfahre bei Kontakt über meinen eigenen Körper oftmals, welche Emotionen sich bei Ihnen im Körper, in den einzelnen Zellen aufgestaut haben und wo die Schmerzen sitzen. Damit bekomme ich nicht nur Zugang zu den schmerzenden Körperstellen, sondern oftmals auch zu tief im Körper sitzenden Ängsten, Trauer oder Wut. Oft zeigt sich bei den körperlichen Behandlungen, bei Berührungen wie sehr Sie überhaupt mit dem Körper verbunden sind. Sind Sie in Ihrem Körper zu Hause oder haben Sie Ihre Körperwahrnehmung von sich abgespalten?

Auch ist es natürlich nicht so, dass jeder gerne berührt wird. Je nach Erfahrung kann eine körperliche Behandlung als angenehm oder als unangenehm empfunden werden. Wenn ein der Patient zum Beispiel in der Kindheit ein körperliches Trauma erfahren hat, braucht es viel Einfühlungsvermögen, damit eine Berührung angenehm, vielleicht sogar heilend wirkt.

Je nach Offenheit und Therapieziel habe ich nun die Möglichkeit meine Wahrnehmungen achtsam in die Körperbehandlung mit einzubringen. Dazu stelle ich meist ein paar Fragen:

‚Wenn Sie in Körper hineinspüren, erleben Sie ihn eher entspannt oder eher angespannt?‘
‚Wenn Sie wüssten, wer oder was Ihnen da im Nacken sitzt, ist es wer oder was?‘  

Und hierbei ist es für mich unerheblich, ob Sie diese Fragen laut oder nur für sich beantworten. Auf jeden Fall kommen Sie damit ein Stück weit wieder mit sich und Ihren Emotionen in Kontakt. Und schon alleine dieses bisschen mehr Kontakt zu Ihnen selbst, hilft dabei, dass Stress aus dem Körper entlassen werden kann.

Letze Woche kam eine ältere Patientin mit Spannungskopfscherzen und Rückenschmerzen zu mir in die Praxis. Schon als sie meine Praxis betrat schimpfte sie auf die Parkplatzsituation, auf die Staus auf den Straßen, auf ihre Nachbarn usw.. Zu ihrer für mich wahrnehmbaren Wut bekam sie allerdings kein Bezug. Wir starteten die Behandlung mit einer sanften Massage. Als sie auf der Behandlungsliege lag, vielen mir die geballten Fäuste und die hoch gezogenen Schultern auf. Als ich sie dann an den Schultern und den Fäusten berührte und sie vorsichtig auf die Anspannung ansprach, konnte sie sie erstmals wahrnehmen. Und als ich nun fragt, auf wen oder was sich die Wut wirklich richtet, erzählte sie mir von ihrer Unzufriedenheit in ihrer Ehe. Alleine dieser geschützte Rahmen der Behandlung, die Berührungen und dass sie ein Bezug zu ihrer Wut bekommen hatte, half der Patientin, dass sich ihr Körper erstmals entspannte.

So sind Massagen nie wirklich nur Massagen. Wenn wir einfühlsam, achtsam und liebevoll mit dem Körper umgehen, können Berührungen sehr heilsam sein. Der Stress, der sich löst, ist oft nicht nur auf der reinen Körperebene, sondern tief emotional. Und manchmal sehr alt.

Ihre/Eure Petra Hornung

 

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